ihr.

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Dienstag, 29. März 2011

backsteinmauer.

An manchen Tagen wünschte sich Mimi, die Sonne würde die Wolkendecke über ihr mit einer Schere zerschneiden, hineinlugen ins Dunkel und dann einen großen Bottich Wärme und Licht und Strahlerei über den finsteren Moloch kippen. Die Matrosen würden Lieder von der Ferne pfeifen, sie würden in die Gesichter ihrer Liebchen schauen und die Augen würden ihnen übergehen. Die Mädchen würden ihre feinen Kleider ausführen, kichern und ihre Wimpern würden im Takt mit den glucksenden Herzen klimpern.

Mimi stand am Fenster. Sie hatte sich in einen der schweren Vorhänge gewickelt, das war fast so, als würde sie in jemandes Armen liegen, und betrachtete das Treiben draußen im Hafen, das sie langweilte.

Sie fletschte die Zähne wie einer der Straßenköter, schloss die Augen und versuchte, ruhig zu werden, zu atmen, ein, aus, doch aus ihr keuchte es nur, ihre Brust hob und senkte sich unkontrollierbar, jeder Atemzug füllte ihre Lunge mit Dreck und Alleinsein. Aus ihrer Nase lief Blut, das sie ableckte.

Auf ihrem Bett lag ein Mann mit schwarzen Haaren und schlief.

Sie hatten sich geprügelt. Er hatte Schlimmes von ihr verlangt, verliebt tun sollte sie und ihn ihren Liebsten nennen, doch Mimi weigerte sich. „Verlierer kann ich dich nennen“, sagte sie und lachte ihn aus. Der Mann schlug ihr mit der Faust ins Gesicht, er schnaufte.
Der Schlag ließ Mimi taumeln, doch war sie stärkere Schläge gewöhnt. Sie rieb sich die Wange und ging mit eingezogenem Kopf und tränenumtupften Augen auf den Fremden zu, der noch immer schnaufte. „Du hast mir wehgetan“, flüsterte sie. „Tu das nie wieder.“ Dann küsste sie ihn. Er nahm ihr Gesicht in beide Pranken, sanft, vorsichtig küsste er sie zurück.

Sie liebten sich. Er war ausgehungert, Mimi voller Zorn. Sie beschimpfte ihn, er strich ihre verschwitzten Haarsträhnen aus der Stirn. Sie schlug ihn so fest sie konnte, biss zu, spuckte all ihre Wut auf den Hafen, die Abschiede der letzten Monate und ihre Verrücktheit in sein schönes Gesicht. Er sah sie an und dachte, wie schade es um die Madame war. Ihre Augen waren so schwarz, so stumpf, dass er sich selbst darin nicht erkennen konnte. Die Raserei machte sie hässlich.

„Hör auf“, sagte er da.

Mimi sah ihn an.

„Ich gehe sonst.“

„Du musst doch auf mich aufpassen!“ Ihr Gesicht zuckte wie Wackelpudding, die geröteten Wangen wurden weiß. „Lass mich nicht allein.“

Sie würde alles dafür tun, dass er blieb. Das wussten sie beide. Dass er ihre Schwäche nicht ausnutzen würde, wusste nur er.

„Lass mich schlafen“, befahl er. Seine Stimme klang ruhig. „Kannst du das, Mimi? Mich schlafen lassen?“ Sein Blick fiel auf ihre verkrampften Fäuste in den Lederhandschuhen. „Du wirst mir nichts tun, Madame vom Hafen, nicht wahr? Mir kein Messer in die Brust rammen, sobald ich die Augen schließe?“

Mimi wandte den Kopf ab und wischte mit dem Handrücken die salzige Augensuppe weg, die unaufhörlich aus ihr herausplätscherte. „Nein, werde ich nicht. Ich versprech’s.“

„Gut. Weck mich in einer Stunde.“

Er schlief schnell ein. Mimi betrachtete ihn noch eine Weile. Die Wut brodelte noch immer in ihr, warf Blasen und zischte. Wohin nur damit? Ratlos lief Mimi von der einen Ecke des Zimmers in die andere. Dann fiel ihr Blick auf die unverputzte Mauer aus Backstein neben der Tür, die zur Küche führte. Ohne nachzudenken rannte sie dagegen, schlug sich die Nase blutig und fiel zu Boden. Doch die Wut war immer noch da.

Sie wickelte sich in einen der schweren Vorhänge am Fenster. Das war fast so, als würde sie in jemandes Armen liegen.


1 Kommentar:

  1. Ach süßes Hafenmädchen. Da ruft das Meer, hm? Setz Dich auf das Wolkenschiff, hiss die Segel, lass Dich von den Träumen der kleinen Damen tragen, so weit und so lang bis zu da bist und den Anker werfen kannst.

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ich.

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Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.