ihr.

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Dienstag, 15. März 2011

die nacht, in der mimi verrückt wurde.

Bevor Mimi die Madame vom Hafen wurde, war da, wo jetzt ein lackschwarzes Flickenherz schlug, ein pinker, glucksender Klumpen aus Wackelpeter gewesen, der nur einem gehörte: ihrem Matrosen, dem einen, einzigen.
Ein Rückblick.

Ihr Gesicht fühlte sich fremd an. Da, wo die Tränen und die Wimperntusche schwarze, salzige Spuren hinterlassen hatten, war die Haut kalt. Der Rest, die Wangen, der Mund, brannte und tat weh. Als hätte er sie geohrfeigt, ihr mit Faustschlägen die Fresse poliert. Irgendwie hatte er das ja auch. Nicht wirklich natürlich, er verabscheute Gewalt, auch, wenn er so oft kurz davor gewesen war, in dieses unperfekte Mädchengesicht reinzuschlagen, damit es endlich verstummte, aufhörte, ihn zu provozieren mit dieser Scheiße, die manchmal zwischen den zerbissenen Lippen hervorquoll. Aber er tat es nie. Sie hatten sich mal sehr geliebt, niemand war ihm je so nahe gewesen.

Jetzt war er fort. Er hatte sie verlassen. Sie lag auf ihrem Bett, wimmerte, heulte sich die Augen aus dem Kopf. Sie hatte das Gefühl, schreien zu müssen, weil die Angst, fortan ohne ihn sein zu müssen, ihr die Kehle zuschnürte. Also schrie sie in das Kissen, das nach ihm roch.

Als es draußen dunkel wurde, kroch sie auf allen Vieren ins Bad, zog sich aus, ließ heißes Wasser ein, so heiß, dass sie es gerade noch ertragen konnte, und setzte sich hinein. Sie stellte sich vor, in Säure zu baden, die die Haut vom Fleisch fraß und die Nerven freilegte. So fühlte es sich an, ihr Körper war wund und glühte, ihr Kopf war leer.

Sie brauchte eine Geschichte, um sich die Schmerzen erklären zu können. Warum sonst sollte sie in einer derartigen Verfassung sein? Es war die Säure, die machte, dass alles wehtat, es mussten die ätzenden Dämpfe sein, die sich in ihren Schädel brannten. An das, was in den letzten zwei Stunden geschehen war, erinnerte sie sich nicht.

Nach wenigen Minuten stand sie auf, stieg aus der Wanne, ohne sich abzutrocknen und ging ins Schlafzimmer, das Kinn trotzig erhoben. Dort stellte sie sich vor den Spiegel und betrachtete sich.

Ihr Anblick ähnelte den Abbildungen in ihrem alten Biologiebuch, das Querschnitte aufgeschnittener Menschenkörper zeigte. Sie kicherte, weil sie so lustig aussah, wie ein Stück Fleisch in der Metzgerei-Auslage des Supermarktes. Wie ein Schnitzel, dachte sie. Außerdem dampfte sie ganz grün von der Säure. Sie schob ihren blutigen Daumen in den Mund, schlug die Bettdecke zurück und legte sich schlafen.

In dieser Nacht blieben die Träume aus.

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ich.

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Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.