ihr.

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Mittwoch, 5. Oktober 2011

sag zum abschied leise krtzzzzz.

Krtzkrtzkrtzkrrrrrrr…, machte der Bleistift. Mimi zog einen grauen Bogen über das Weiß. Die Nase juckte ihr, ein Tropfen plumpste hinterher, vertropfte den schönen Bogen und machte aus ihm einen feuchten Klumpatsch auf Papier.

„Müde bin ich“, dachte sie, „so müde, mir schläft der Kopf gleich ein.“ Das tat er auch, wenngleich nur halbherzig. Oder eher viertelherzig, denn nur das rechte Auge schlief auf der Stelle ein. Und während es unter dem Wimpernbettdeckchen schnarchte, glotzte das linke in den Himmel.

„Wie oft kann man dem Abschied die Flosse schütteln, ohne verrückt zu werden?“, fragte sich die Madame, die heute ein Mädchen mit Schmutzfüßen war, und blinzelte einäugig und Wimperntusche-vertropft gen Wolkenbrei. Dabei war die Frage ganz sinnlos, verrückt war sie ja schon, da hatte sie nichts mehr zu befürchten. Aber traurig machte sie der Gedanke. Und hätte da, wo heute eine provisorische Pumpe (die aus dem Motor eines Spielzeugautos gemacht war) hustete, ein Herz geschlagen, hätte Mimi wohl Rotz und Salzwasser geheult.

Sie hatte es satt, goodbye zu sagen zu Liebgewordenem, auch wenn diese Haltung unmodern und bieder schien.

Hätte man sie nach ihrer Meinung befragt, so hätte sie alles, was ihr gut und teuer war, in eine Keksdose gestopft, Mensch, Tier und Erinnerungen ans Glücklichglücklichpopücklichsein. Von Zeit zu Zeit hätte sie den Deckel angehoben und das Duftige, Vertraute durch die in diesen Tagen so oft verschnodderten Nüstern eingesogen.

Aber es fragte einen ja niemand. 

Vielleicht… oh ja, das war eine Idee! Mimi sprang auf: „Die Wäscheleine des Boxers, ja, die ist gut!“ Rannte auf den Hof hinaus, von wo sie das Haus ihres Nachbarn sehen konnte, vergewisserte sich, dass die Luft rein war (man sagt das so, dabei weiß jeder, dass die Luft im Hafen niemals rein, sondern stets dick wie ein alter Blähbauch und außerdem rußig und meeresalgig-muschelig ist!), schlich hinüber und mopste des Boxers Wäscheleine. Mimi wickelte die Schnur ums Handgelenk und rannte in ihr Haus zurück.

Und als sie da so saß, mit der neuen Errungenschaft und Wangen so rot wie Kirmesäpfeln, beglückwünschte sie sich selbst zu ihrer Idee: Sie würde von nun an alles an sich binden, alles festzurren: „So geht mir nichts und niemand mehr verloren, und nie wieder muss ich mich verabschieden und dann allein sein und mich vergessen fühlen!“

Gutes Gefühl durchgluckerte sie. Da fiel ihr ein, dass sie ihr rechtes Auge wecken sollte, das hatte nun lange genug geschlafen. „Plick“, machte das Auge, sah von oben Mimis Grinsen und den sabberigen Faden, der ihr aus dem Mundwinkel baumelte, bemerkte die Wäscheleine in der Hand der kleinen Madame, seufzte und dachte: „Hoffentlich werde ich bald blind.“

ich.

Mein Bild
Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.