ihr.

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Donnerstag, 27. Januar 2011

träumt recht süß...

... hauchte Mimi und verzog sich ins purpurrote Boudoir. Gutnacht.

Das ist Mimi. Sie trägt heut Nacht Seidenblume zum Schlafmieder. Photo: www.alexander-stuebner.de


Sonntag, 23. Januar 2011

schmutzwäsche. teil eins.

Am Morgen war Madame Mimi von einem Schmerz in ihrer Lunge erwacht. Ein Gefühl, als würde ein Felsbrocken auf ihrer Brust liegen. Sie schlug die Augen auf, und da sah sie ihn: Ein brombeerfarbener Elefant mit falschen Wimpern saß auf ihr und lächelte sie an. "Hallo", sagte er. "Ächz", antwortete Mimi. Vor Schreck und Atemnot fiel sie in Ohnmacht.

Später dann, als sie wieder zu sich gekommen war, hatte sie den im Schlaf sabbernden Elefanten eine halbe Stunde lang angegafft und sich gefragt, wer der Koloss sein mochte und was er in ihrem Lotterbett zu suchen hatte. Da sie sich nicht erinnern konnte, die Situation jedoch ungemein unangenehm fand, bedeckte sie ihn mit einem Berg Schmutzwäsche und wünschte, er möge verschwinden. Weil Wünschen aber müde macht, schlief Mimi kurz darauf erschöpft ein.

„Aua, aua“, heulte die Hafenmadame, als sie am Abend die Augen aufschlug. Ihr Kopf schmerzte. Vorsichtig setzte sie sich auf und holte Luft, nicht zu tief, denn die Luft in ihrem Zimmer roch schlecht, nach Zigarettenasche, Schnaps und Elefantenfurz. Elefantenfurz?

Kopfschüttelnd zupfte Mimi an dem Riss, der sich durch den Saum ihres neuen Kleides zog. Die Exzesse der letzten Nacht hatten ihre Spuren hinterlassen und Mimi ärgerte sich sehr darüber. Dabei waren es zum Teil ganz reizende Exzesse gewesen. Das, wofür sie sich bereits im Morgengrauen geschämt hatte, würde sie einfach vergessen. Da hörte sie ein leises Tröten hinter sich. „Meine Schmutzwäsche trötet?“, wunderte Mimi sich. Da fiel ihr der Elefant ein. „Oh, der. Scheiße.“

Auf Zehenspitzen und mit peinlich verzerrter Miene schlich sie ins Bad und vermied es, sich im Spiegel anzusehen. Sie ertrug ihren Anblick nach Nächten wie diesen nicht. Sie hasste es, sich so verdreckt und zerstört zu sehen, während hustende Erinnerungsfetzen mit letzter Kraft um ihr Spiegelbild herum schwirrten und ihr Bilder von den Dingen zeigten, die sie noch vor wenigen Stunden getan hatte, mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht und dem Muschisaft einer fremden Schönheit im Mundwinkel. Also sah sie weg.

Madame Mimi entledigte sie sich der Strapse, zerrissenen Strümpfe und der Pfauenfeder, die sie in dem Gewirr aus schwarzen Haaren fand, ließ heißes Wasser in die Badewanne laufen und setzte sich stöhnend hinein. Dann wusch sie sich, schrubbte sich Rauch und Dreck vom Leib, putzte jeden Winkel, jede noch so kleine Ecke. Ihre Beine waren voller blauer Flecke, die Brüste waren zerkratzt. Die Madame schloss die Augen und ließ sich ins heiße Wasser sinken, bis sie ganz davon bedeckt war, bis kein Geräusch mehr zu ihr drang. Dann hielt sie die Luft an.

Weil diese Nacht zu viel des Guten war, kann die Geschichte nicht am Stück erzählt werden, Madame Mimi wäre überfordert, sie atmet ja jetzt schon schnapp. Also gibt es das Lügenmärchen mit dem brombeerfarbenen Elefanten nur häppchenweise. Teil zwei gibt es, sobald Mimi herausgefunden hat, wer das dicke Ding in ihrem Bett überhaupt ist...

Sonntag, 9. Januar 2011

die schöne marlene und ihre pöbelnden schlangen.

Mimis säuselnde Liebschaft. <3
 
Mimi hatte nicht vergessen, wann sie Marlene zum ersten Mal über den Weg gelaufen war. Vor zwei Jahren war das gewesen, in einer Winternacht, die so kalt gewesen war, dass aus Mimis Nase Eiszapfen aus Rotze gewachsen waren.
Sie wusste auch, dass Marlene gar nicht Marlene hieß. Aber sie hatte sich diesen Namen immer vorgestellt, wenn sie der Unbekannten mit der schönen Visage gelauscht hatte. Auf ihrem Kopf trug Marlene ein Durcheinander aus schwarzen und roten Schlangen, die giftig zischten und je nach Wetterlage Touristen und vorbei eilende Passanten beschimpften. Mimi vermutete, dass der Name der Fremden wohl Medusa sein müsse, fand Marlene aber passender.

Die Schlangenfrau war eine Geschichtenerzählerin. Sie machte das beruflich. Jeden Abend fand man sie in der Wirtschaft „Zur roten Latüchte“. Dort lagen sie und ihre ordinären Schlangen verführerisch drapiert auf dem Canapé, tranken Schnaps und Likör und erzählten Märchen. Die Schlangen übernahmen die Rollen der Statisten, während Marlenes Stimme über allem schwebte. Wie eine Rauchwolke, nein, ach, wie eine Hauchwolke.

Jeden Abend war Marlene umringt von Matrosen und Bordsteinschwalben, die von der Tagschicht auf einen Kurzen in die Latüchte kamen. Oh, wie die Märchenerzählerin sich suhlte in dem Meer aus aufgerissenen Mündern und perversen Gedanken, in denen sie die Hauptrolle spielte. 
Manchmal waren sich ihre Blicke begegnet und Mimi hätte am liebsten die Zeit angehalten. Aber dann hatten sie viele, viele kleine schwarze Knopfaugenpaare angeglotzt und winzige Mäuler hatten lautlos bösartige Drohungen ausgestoßen. Jedesmal hatte Mimi sich von den eifersüchtigen Schlangen auf Marlenes Kopf ins Bockshorn jagen lassen. Sie konnte ja so ein Hasenfuß sein und Schlangen essen bekanntlich Hasenfüße.

Trotzdem: Seitdem Mimi Marlene zum ersten Mal gesehen hatte, kam sie so oft wie möglich in die Wirtschaft. Dann setzte sie sich in eine dunkle Ecke und zog die Märchenerzählerin in Gedanken aus.

So auch heute. Marlene berichtete mit schwerer Zunge von ihren Erlebnissen in der großen Stadt, von Koksnächten und sadistischen Männern, säuselte schlimme Dinge wie „Fotze“ und „Schwanz“ und „in die Fresse kotzen“, und Mimi kicherte jedes Mal verlegen. DAS hätte sie sich nicht getraut, sie war hingerissen von soviel Chuzpe.
Während die schöne Schlangendame so redete und lieblich lallte, fasste Mimi einen Entschluss. Sie hatte die Schnauze voll davon, die Fremde heimlich anzuhimmeln, sie musste etwas unternehmen.

„Und wenn sie nicht gestorben sind, ficken sie sich noch heute mit gefrorenen Aalen in die Ärsche“, endete Marlene ihren Vortrag. Mimi seufzte. Wie schön die alles formulierte… Als die Zuhörermenge sich lichtete, stöckelte sie zum Canapé, räusperte sich und sagte:
„Hallo.“

„Guten Abend“, sagte Marlene. „Kann ich etwas für dich zu?“

„Ja.“ Mimi fühlte die eisigen Blicke der Schlangen, sah sie aber nicht an. Dann reichte sie Marlene eine Plastiktüte und bat sie: „Kannst du die mal aufsetzen? Nur kurz.“

Die Erzählerin zog die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn, tat dann aber, worum sie gebeten worden war. Die Schlangen rissen die Knopfaugen auf, zischten in Todesangst, manche schrien „Du hast sie ja wohl nicht mehr alle“, dann verstummten die Stimmen unter dem Knistern.

„Ich seh ja wohl schön bescheuert aus.“ Marlene lachte. „Und jetzt?“

„Jetzt pass mal auf!“ Und dann nahm Mimi Marlenes Gesicht in ihre Hände und küsste sie auf den Herzmund, während die Schlangen unter der Tüte beleidigt vor sich hin pöbelten.

Und hier gibt's die wunderschön verstörenden Märchen der Schlangenfrau... 

Donnerstag, 6. Januar 2011

ein panzer aus granit, bittesehr.



Der Typ mit den geschminkten Augen sah durch sie hindurch. Sie kannten sich nur flüchtig, aber sie unterhielt sich gern mit ihm. Anders als die anderen nahm er ihr die Rambo-Masche nicht ab, das konnte ein Blinder erkennen. 
„Ich glaube“, sagte er, „dass du nicht halb so verwegen bist, wie du immer tust. Und dass man dir ganz leicht wehtun kann.“ 
Dann hob er die Hand zum Abschiedsgruß und schlurfte davon.

Mimi glotzte ihm noch lange nach. Dabei zog sie eine Schnute und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Er hatte Recht. Es war ja alles nur Getue. In den letzten Nächten waren die Albträume wiedergekommen, jeden Morgen wachte sie mit schweißnasser Stirn und eisekalten, zu Klauen verformten Händen auf, die nichts festhielten außer der Bettdecke. 

„So ein Dummkopf. Ich bin die Stärkste von allen“, sprach Mimi zu sich selbst und ballte die behandschuhte Faust. Aber weil sie sich selbst so schlecht anlügen konnte, gab sie rasch auf. 

Im Supermarkt kaufte sie ein Fass Eiscreme und einen Kanister Kirschlikör und schleppte alles unter Keuchen in ihr Haus, das windschiefe in Rosarot, das nicht weit vom Hafen auf einem kleinen Erdhaufen stand.

Sie löffelte das beschwipste Eis mit einer Suppenkelle aus dem Fass, bis ihr der Bauch wehtat. Dann weinte sie ein bisschen vor sich hin und tat sich leid. Und wenn schon, dachte sie. Bin ich halt nicht stark. Na und?
Sie fand ihre innere Stimme sehr trotzig und tadelte sich darum. 
„Das bringt doch alles nichts, Mimi“, ermahnte sie sich. „Wir werden uns einen Panzer wachsen lassen! Einen aus Granit, den niemand zerstören kann.“ 

Zunächst gefiel ihr die Idee. Dann dachte sie: So ein Schwachsinn. Ein Panzer aus Granit wächst schließlich nicht einfach so. Den muss man bestellen und maßgenau anfertigen lassen. Leider nur war Mimi arm wie eine Kirchenmaus, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als panzerlos durch die Welt zu laufen, mit einem Klumpen von Seele, der noch windschiefer und wackliger war als ihr rosarotes Haus auf dem Erdhaufen.

Mittwoch, 5. Januar 2011

kaffeesahne.

Kaffeesahne. „So ein schönes Wort!“, dachte sie, tunkte die rechte Hand in das Schälchen und versuchte, sich alle fünf Finger gleichzeitig in den Mund zu stecken. Die Madame war ein Gierschlund und konnte nie genug bekommen, wenn ihr etwas gefiel. Ob das nun Männer mit Hüten, Jungs mit Locken oder Sirenen waren, die wie Bierkutscher fluchen konnten, ob Oliven, Rum oder Steak. Oder eben Kaffeesahne.

Der Herr, der ihr gegenüber saß, glotzte sie an, und vielleicht malte er sich aus, wie es wäre, wenn sie statt ihrer kleinen Faust seinen Schwanz heruntergewürgt hätte. Sie meinte, diese Gedanken an seinem verklärten Blick ablesen zu können und zwinkerte ihm zu.

Nach dem dritten Versuch gab Mimi es auf. Die Hand passte nicht ins Schandmaul, sie waren nicht füreinander gemacht.

Das Gegenüber zog die Augenbrauen zusammen, gleich würde es sie tadeln. Sie musste das verhindern, der Tag heute war nicht gemacht für Kritik. Eigentlich war das kein Tag.

„Mach mir ein Kompliment!“ befahl sie dem Mann, während sie die Kaffeesahne von den Fingern leckte.
„Du bist ein Schwein“, sagte er und schüttelte den Kopf.
„Danke“, säuselte Mimi, beugte sich zu ihm vor, so dass ihre Brüste fast sein Kinn berührten, und hauchte: „Du auch.“

Und während ihre Wimpern klimperten wie die Flügel einer balzenden Libelle, nahm sie nun seine rechte Hand, genauer gesagt den Zeige- und den Mittelfinger seiner rechten Hand und führte sie zwischen ihre Beine. Ohne weiteres Zutun fanden die Finger ihren Weg.
„Ui!“, sagte Mimi und quiekte.
„Ui!“, grunzte der Mann und starrte sie an.

„Na na na!“, schimpfte Mimi da, erhob sich und trennte vorzeitig die schwüle Liaison, die sich unter ihrem Kleid entsponnen hatte. Wieder ergriff sie die Hand des feinen Herren, führte sie zu seinem Mund und hieß ihn, die Finger abzulecken. Stirnrunzelnd tat er, wie ihm die Madame befohlen hatte und rief plötzlich lauthals und verwundert aus: „Kaffeesahne!“

So ein schönes Wort, dachte Mimi und lachte.

ich.

Mein Bild
Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.