ihr.

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Freitag, 17. Juni 2011

mimi unzensiert.

mal ohne samt und seide. dafür ungeschminkt mit sommersprossen und ungekämmtem vogelnesthaar. zuviel offenbarung? 


Sonntag, 12. Juni 2011

Einst hatte die Madame einem alten Raubvogel die Augen ausgepickt. Es war Notwehr und ein Kampf auf Leben und Tod. Seit damals hatte Mimi Adleraugen. "Ich sehe alles!", sagte sie oft und verschwieg, dass der Adler stark kurzsichtig gewesen sein musste. Benehmt euch trotzdem.

Freitag, 10. Juni 2011

die geschichte vom letzten leberhaken, und wie es dazu kam. dritter teil.

Der schöne Tünn, der, wie Mimi immer sagte, nicht sonderlich schön, sondern ganz im Gegenteil absonderlich hässlich war, war ein rechter Klotz, grob und brutal, und er benahm sich an diesem Abend eben so, wie er es gewohnt war, sich zu benehmen: Er fasste den Mädchen unter den Rock und verteilte lachend Backpfeifen an die jüngsten, ängstlich dreinblickenden Matrosen, sowie an die ältesten Kapitäne, Männer, die sämtliche Ozeane überquert und das Kap der guten Hoffnung mehr als einmal umrundet hatte. Männer, denen die Zornesröte ob ihrer öffentlichen Demütigung in die wettergegerbten Gesichter gestiegen war und die sich gewehrt hätten, wenn sie dazu nur imstande gewesen wären. Doch ihre Muskeln waren schon seit langem schwach und leer. Der Boxerpoet schämte sich für den schönen Tünn, er schämte sich für die Würdelosigkeit und die stumpfe Dreistigkeit, mit der er widerfuhr, und das sagte er ihm genauso ins Gesicht: „Tünn, du magst vielleicht in deiner Oberstadt ein großer Lude mit einem Stall voller Pferdchen, einer Villa und protzigen Autos sein, doch hier, im Hafen, bist du nur ein räudiger Hund, den sie alle getrost Mensch nennen. Oder war es doch eher ein Mensch, den sie hinter vorgehaltener Hand Hund nennen?“ Tünn hatte ihn daraufhin beleidigt und ihm zu guter letzt ins Gesicht gespuckt. Doch der Boxerpoet hatte für ihn nur ein bitteres Lächeln übrig. Noch war die Zeit nicht gekommen. Noch nicht.

Als der schöne Tünn keuchend an der Wand hinter Mimis Spelunke lehnte, vor sich eine junge Dirne, die gerade im Begriff war, sein Gemächt in ihre warme Mundhöhle aufzusaugen, war der Zeitpunkt gekommen. Der Boxerpoet war kein schneller Junge, doch er hatte Reflexe, und in den richtigen Momenten war er imstande, sein Gewissen auszuschalten. Demnach war er aus der Dunkelheit aufgetaucht wie ein Geist, und nur eine entschlossene Bewegung später hatte er Tünns Hals mit dem Dosenöffner (aus Mimis Küche) in seiner Hand gebrochen. Die junge Dirne hatte sich indes so sehr erschrocken, dass sie, anstatt laut zu schreien, einfach zubiss, was nicht weiter schlimm gewesen wäre, jedoch eingedenk der Tatsache, dass sich Tünns mehr oder weniger hartes Glied nun zwischen ihren Lippen und somit in ihrem Mund befand, bedeutete, dass sie Tünns mehr oder weniger hartes Glied abbiss, und das mehr oder weniger harte Glied nun in hohem Bogen durch die Luft flog und auf dem regennassen Asphalt liegen blieb, allerdings nur für einen kurzen Moment, denn dann holten es die fetten Kater, die stets unter dem Balkon hinter Mimis Spelunke marodierten.

Butz, der fetteste der fetten Kater und das Alphamännchen im Rudel der streunenden Katzen, verschwand mit dem, nunmehr vollständig erschlafften, Glied unter der Veranda, um dieses in seiner, der Katzenvorstellungswelt, „feine Würstchen“ ( inklusive illustrer Panade aus Blut und Lusttropfen, die zerfetzen Schwellkörper bedeuteten als grobe Stückchen eine Einlage und somit eine besondere Gaumenfreude für ihn) in Windeseile zu verschlingen.
Der Boxerpoet erteilte der jungen Dirne, die als Zeugin eine Bedrohung darstellte, offiziell Hafenverbot und zahlte für ihre Ausreise nach Patagonien, wo sie einen Viehzüchter namens Cesar Luis Menotti kennen- und lieben lernen sollte (dieser Menotti wurde später Fußballtrainer und führte die Nationalmannschaft Argentiniens sogar zu einem Weltmeisterschaftstitel). Dieses war das einzige Mal, dass er außerhalb des Ringes jemanden umgebracht hatte, und diese Tat schlug eine gehörige Kerbe in sein Gewissen.

Doch daran dachte er jetzt nicht, zumindest versuchte er, nicht daran zu denken, was ihm mehr schlecht als recht gelang. Schattenboxen war eine willkommene Abwechslung, und während Mimi die Planken ihrer Spelunke schrubbte, verteilte er imaginäre Aufwärtshaken (seine Spezialität) und spürte, wie sich das Feuer in seinem Bauch entfachte. Als Pausbackenjohnny durch die Tür der eigentlich noch nicht geöffneten Spelunke trat, war sein Oberkörper schweißnass. Er bemerkte Pausbackenjohnnys massige Gestalt erst, als sich der Schatten, gegen den er boxte, auf ein Vielfaches vergrößerte. Er drehte sich um und sah ihn fragend an.
„Und?“
Pausbackenjohnny zuckte mit den Achseln.
„Du hast es nicht auf die Undercard geschafft!“ antwortete er und sah betreten zu Boden.
Alles aus, war, was der Boxerpoet zuerst dachte und sah schon traurig hinüber zu Mimi, die nun gerade in ihrer Pause dabei war, Eis mit grünem Teegeschmack und roten Bohnen zu verspeisen, doch dann, dann sah er dieses hinterlistige Grinsen, das in Pausbackenjohnnys Mundwinkel zuckte.
„Du kämpfst gleich und sofort den Hauptkampf, und zwar gegen Pitters Nas!“
„Gegen Pitters Nas?“ entfuhr es dem Boxerpoeten und Mimi zeitgleich.
„Aber Johnny!“ entgegnete der Boxerpoet und hob seine Hände, „Pitters Nas ist der Roy Jones Junior der Oberstadt, ich nur der Arthur Cravan des Hafens!“
Pausbackenjohnny zuckte wieder mit den Achseln.
„Sein Gegner hat sich beim Sparring eine Verletzung der Retina zugezogen und fällt aus, also ist das deine große Chance, es geht um den Titel!“
Der Boxerpoet sah Mimi entgeistert an, doch Mimi nickte nur, freudig erregt.


Der Kampf fand in der Halle des Ochsen statt, der große und altehrwürdige Kuppelbau neben dem Hafenbecken, ein Ort, an dem nur die legendärsten aller Ringschlachten geschlagen worden waren (zum Beispiel, als der „Rumble in Neuruppin“ kurzfristig verlegt werden musste) eine Halle also, die der Boxerpoet nur als Zuschauer kannte. Alle waren da, von Kim Weber über Andreas Sidon bis hin zu Willy Fischer, die Garde der harten Männer und der Faustkämpfer, und die, die es einmal gewesen waren, die schillernden (meistens eher ramponierte und abgeschmackte) Milieugrößen wie der hässliche Indianer, der im Gegensatz zum schönen Tünn, der ja eben nicht schön, sondern hässlich gewesen war, eben nicht hässlich, sondern sehr schön war, der breite Max, dessen Breite sich nicht etwa auf seine körperliche Dimension, sondern viel eher auf den allgegenwärtig hohen Alkoholpegel bezog (manchmal auch „Plattfisch“ oder „Highländer“ gerufen), dann der lange Jupp, der wirklich einfach nur groß war, oder der jecke Fritz (verrückt in dem Sinne, dass er gerne lebendige Grashüpfer zu seinem Bier verzehrt) und sein Bruder, Max, das Ohr, der seinen Beinamen aufgrund seiner Vorliebe trug, Freiern, die sich bei den Mädchen daneben benommen hatten, als Strafe kleine Ecken aus ihren Ohren herauszuschneiden, sowie manchmal eben auch das ganze Ohr abzurasieren, und zwar mitsamt dem Knorpel.

Pausenbackenjohnny sah in das Gesicht des Boxerpoeten. Es war faltig geworden, sehr faltig, wie er feststellte, und dann dachte er, dass es immer dasselbe war mit dieser Art von Mensch. Sie sind zwar talentiert, gesegnet mit Talent, aber einfach stets zu faul, weil sie glauben, ihr Talent würde irgendwie ausreichen, und schlussendlich obsiegt doch immer wieder die Faulheit, die Trainingsfaulheit, die Kopffaulheit. Das unterschied sie eben vom Rest, von den wahren Champions, die sich bis zum Erbrechen quälten, die ihre Bewegungsabläufe wie Ballettänzer einstudierten. Boxen nennt man nicht umsonst Sweet Science, die „süße Wissenschaft“. Der Boxerpoet machte immer noch dieselben Schrittfehler wie zu Beginn seiner Laufbahn, nach all den Jahren, und er ließ immer noch die Schulter zu sehr fallen, sein Jab war zu langsam (jetzt wahrscheinlich noch langsamer als er jemals war, dachte Johnny). Das Einzige, was er wirklich konnte, was er wirklich verinnerlicht hatte, war der Körperhaken, jedoch gegen einen technisch versierten, schulmäßig und somit bestens ausgebildeten Boxer wie Pitters Nas, der seinen Beinamen deswegen trug, weil er nach seinen zahlreichen Kämpfen immer noch so schön und unversehrt aussah wie ein Mädchen und eben keine mehrfache gebrochenen Nase aufzuweisen hatte, sondern eine wohlgeformte, war es eine mickrige Waffe, und dennoch seine einzige.

„Kopf, Körper, Kopf!“ flüsterte Pausbackenjohnny, als das Rezept für den Kampf in das Ohr des Boxerpoeten und nickte, und dann griff er in seine Tasche und holte die Bandagen heraus. Es waren keine normalen Bandagen, keine herkömmlichen, es waren die Bandagen von Torsvan Gnadenthür, dem letzten Champion, der in den düsteren Gassen des Hafens geboren und aus ihnen emporgestiegen war. Torsvan schlug Claude Hofferstadt (naturgemäß ein versnobter Boxer aus der Oberstadt) in einem Gefecht über 15 Runden und in der 15 und somit letzten Runde KO, und das, obwohl ihm der gnadenlos hart schlagende Claude bereits den Kiefer gebrochen hatte. Das Blut war nur so aus Torsvans Mund herausgespritzt, der Ringrichter war nur einen winzigen Deut davor, den Kampf abbrechen zu lassen, und in der 14 Runde rettete ihn lediglich der Gong vor dem Knock out, doch in dieser einen Ringpause zwischen der 14 und der 15 Runde geschah etwas mit Torsvan Gnadenthür, das sich niemand während und nachdem Kampf so recht hatte erklären können. Pausbackenjohnny, der damals als sein Trainer in der Ringecke gestanden hatte, pflegte stets zu berichten, das, seiner persönlichen Meinung nach, Torsvans Seele auf eine Art Reise gegangen wäre, und das in der 15 Runde nicht mehr Torsvan Gnadenthür gekämpft habe, sondern nur noch der Leib von Torsvan Gnadenthür, und das der eigentliche Torsvans Gnadenthür diesen Leib von einer höheren Sphäre aus dirigiert haben müsse, den die 15 Runde war die beste Runde, die Pausbackenjohnny jemals von Torsvan Gnadenthür gesehen habe, vielleicht die beste Runde Boxen überhaupt. Plötzlich dominierte Torsvan Gnadenthür den Kampf, jeder Schlag, jede Kombination saß perfekt, Torsvan verwandelte sich in nur einer einzigen Runde von einem guten zu einem legendären Boxer, und er ließ sich Zeit, solange, bis die letzten zehn Sekunden angeschlagen wurden, um Claude Hofferstadt mit einer präzisen, fast schon chirurgisch anmutenden Kombination zu vernichten. Nach diesem Kampf kehrten weder Torsvan Gnadenthür noch Claude Hofferstadt jemals wieder in den Ring zurück. 

„Weißt du, Mimi, das hier sind keine normalen Bandagen“, presste der Boxer, atemlos vor Adrenalin und Aufregung, zwischen den Zähnen hervor. Mimi hatte ihren Kopf zwischen den Seilen hindurch gesteckt, um den Freund Glück zu wünschen. „Das sind die Bandagen von Torsvan Gnadenthür, dem letzten…“ 

„Lalalalaaaa!“ Mimi hielt sich mit ihren Hanschuhhänden die Ohren zu und schrie, sie konnte sich ja selbst nicht hören, den Boxer an: „Boxer! Du sollst mir keine ollen Kamellen erzählen, du sollst dem Mann da vorne den Garaus machen!“ Dabei zeigte sie auf den Gegner, der umringt von Trainer und Getreuen, tierähnliche Laute ausstieß, um sich aufzupeitschen, noch mehr aufzupeitschen. „Ich meine diesen Affen da! Und jetzt hör auf mit diesem sentimentalen Käse, der bringt mir nichts! Los!“, sie patschte gegen Pausbackenjohnnys Brust, „steck ihm dieses Gebissdings in den Mund, der hört sonst nie auf zu faseln!“

Die Menge um sie herum johlte, tobte. Der Mob wollte Knochen splittern, wollte Blut sehen, wollte sehen, wie der Boxer, ihr Freund, unterging in einem See aus roter Suppe, während der andere, Pitters Nass hieß er wohl, triumphierte, die Arme hochriss, brüllte und einstimmte in das Gejaule der anderen Primaten. 

„Boxer?“

„Ja?“

Mimi griff den Freund an den Trägern seines Unterhemdes, zog ihn zu sich heran, glotzte mit großen, schwarzverklumpten Wimpernaugen in das erschrockene Gesicht und sagte „Wenn du ihn fertig machst, belohne ich dich!“ Dann drückte sie einen festen, schnalzenden Kuss auf die Lippen des Poetenboxers, streichelte die eingefallenen Wangen und flüsterte in sein Ohr: „Ich will, dass er nie wieder aufsteht. Schaffst du das?“

„Ja!“ Die Stimme des großen Mannes klang entschlossen. „Ja!“

„Gut, gut.“

Sie drehte sich um, spuckte auf den Boden – hatte sie gerade wirklich den Boxer geküsst? Na pfui, der war doch so was wie Familie – und sprang mit einem Satz auf den Boden. Dann verließ sie die Halle, unbemerkt vom Boxer, der nun ebenfalls schnaubte und stöhnte wie der andere. Sie war sich nicht sicher, wie der Kampf ausgehen würde. Sicher, der Boxer war ein Kämpfer, er hatte den Hunger, den es brauchte, um diesen Affen zu schlagen, er hatte den Zorn, den Hass. Doch zuallererst hatte er Angst, er schwitzte sie aus jeder Pore aus, und der andere, Pitters Nass, würde es riechen, so wie sie es riechen konnte, und er würde nichts unversucht lassen, ihren Freund zu schlagen. Für einen Moment kam ihr der Gedanke in den Sinn, dass der Boxer bereit war, sein Leben für sie, Mimi vom Hafen, zu lassen. Doch sie verscheuchte ihn, den Gedanken, zischte „Husch husch, weg mit dir!“ Das ging einige Zeit gut. Eine Minute und 13 Sekunden, um genau zu sein.

Als sie sich an eine Backsteinmauer lehnte und daran dachte, dass in diesem Moment der Kampf anfangen müsste, kam das schlechte Gewissen vorbei stolziert, lupfte seinen von Motten zerfressenen Hut und sagte: „Guten Tag, Frau Mimi. Ach, schauen Sie sich gar nicht den Fight an? Der findet doch nur Ihretwegen statt.“

„Verzieh dich!“, keifte Mimi, hockte sich auf den Boden und nahm ihren Kopf zwischen beide Hände. Sie fühlte sich elend. Sie hätte den Boxer nicht anlügen dürfen, er war doch ihr Freund! Niemand sonst hielt es lange mit ihr aus, niemand sonst ließ sich die Unterhemden von der Leine klauen, ohne sie zurückzufordern, und niemanden sonst hatte sie, den sie mit Kuchen und Schlafliedern trösten konnte, wenn er Liebeskummer hatte. Und sie tröstete doch so gerne.

„Also, Frau Mimi? Was meinen Sie?“

„Ich meine, dass du freches Ding eine gehörige Tracht Prügel verdient hast“, sagte sie ruhig. Dann erhob die Hafenmadame sich und beförderte das schlechte Gewissen mit einem Tritt in Nachbars Garten.




Donnerstag, 9. Juni 2011

die geschichte vom letzten leberhaken, und wie es dazu kam. zweiter teil.

Der Boxer, der eigentlich ein Dichter war, oder, anders ausgedrückt, der Schläger, hinter dessen Physiognomie sich ein verkannter, romantischer Poet verbarg, mochte Mimi, obwohl er natürlich wusste, dass sie die Verse, die er, wenn ihn die Inspiration überkam (was ziemlich oft der Fall war) in sein schwarzes Büchlen notierte, immer wieder und vor allem hinter seinem Rücken zu lesen pflegte. Und manchmal, und auch das wusste er nur zu gut, hatte sie ihm doch etwas zu sehr auf seine Wunden gedrückt, und immer, wenn sie das getan hatte, hatte er sich gefragt, wer sie zum Teufel überhaupt in die Ringecke vorgelassen hatte. Immer wieder hatte sie sich in seine Ecke geschlichen, war zwischen den Seilen hindurchgeschlüpft und hatte vorgegeben, seine Wunden versorgen zu wollen, doch recht eigentlich hatte sie nur ihrer feinsinnigen und subtilen sadistischen Ader gefrönt, und das, das wussten sie beide. Aber so war sie, manchmal gar ein echtes Aas, ein tyrannisches Weibstück und eine Diva, aber sie war loyal, und von wem konnte man das schon behaupten? Der Boxer hatte die besten Köpfe seiner Generation untergehen sehen, sie waren allesamt dem, wie er es nannte, leidvollen Trias anheim gefallen, also den Drogen, dem Alkohol und der Lethargie.

Im Hafen, der vor allem in der letzten Zeit zu einem immer raueren Pflaster geworden war, hielt er sich mit gelegentlichen Arbeiten über Wasser. Ab und an schmuggelte er einige Buddeln jamaikanischen Rum an den Zöllnern vorbei und teilte sich den Gewinn mit Mimi, die den Rum, gerissen wie sie war, mit Zuckerwasser streckte und an ohnehin schon fast bewusstlose Matrosen zu Wucherpreisen verkaufte. Er hatte dem Kämpfen abgeschworen, und es war genau das, was er dachte: „Ich habe dem Kämpfen nun einmal abgeschworen!“, als er sich in die Vorratskammer von Mimis Haus zurückzog, um den dort aufgehängten Sandsack mit nackten Fäusten zu bearbeiten. Das Schlagen auf den Sandsack fühlte sich gut an, die Dynamik, die Kraft, doch es war ja immer dasselbe: Ein Sandsack schlägt nie zurück, und das wusste er nur zu gut. Also fügte er zu den Gedanken in seinem Kopf ein lang gedehntes aber hinzu, aber jetzt muss ich kämpfen, und ich tue es für Mimi.

Während er den Sandsack bearbeitete (und ihm auffiel, wie schwerfällig, langsam und behäbig seine Bewegungen in den letzten Jahren doch geworden waren), dachte er darüber nach, wie oft Mimi ihn von seinem Kummer und Herzschmerz abgelenkt hatte, wenn er sich wieder einmal hoffnungslos in eine der Hafenschönheiten verliebt hatte. Vor allem damals, als die Sache mit der Barfrau, deren Wangen unter der Thekenbeleuchtung (und nur da!) purpurn glänzten, passiert war.

Diesmal war er an der Reihe. Natürlich hatten sie in all den Jahren das eine oder andere krumme Ding miteinander gedreht, was daran lag, dass beide lügen konnten, bis sich die Balken bogen, jedoch vor allem konnten beide lügen, ohne auch nur einen Deut rot zu werden. So hatten sie die schottische Armada um eine unanständige hohe Maut erleichtert (die Schotten zahlten, wenn auch mit Murren und zähneknirschend, anstandslos und in englischem Pfund), und zwar für einen Seeweg, der auf keiner Karte zu finden war. Dann hatten sie Briefmarken mit dem Konterfei des Königs der Galapagosinseln in Umlauf gebracht, Briefmarken, die allesamt einen Wert von zwanzig Silbertalern aufwiesen. Doch Mimi kannte auch die dunklen Seiten des Boxerpoeten, der früher ein rachsüchtiger, unvernünftiger Ungenach gewesen war, jähzornig bis zum Zerbersten, und vor allem ein Trinker, der jedes volle Glas begrüßte und doch niemals das passende Ende, sondern immer eines mit Schrecken fand. Mimi wusste, was in der Nacht, in der der schöne Tünn und seine Gang aus der Oberstadt in ihrer Spelunke aufgetaucht waren, geschehen war, wirklich und tatsächlich geschehen war. In dieser Nacht war der Boxer betrunken und aufgekratzt gewesen, seine Stimme laut, und jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte erkennen, dass Ärger in der Luft lag, der Ärger elektrisierte die Luft.


Mimi hatte die schweren Schritte gehört, als der Boxer durch die Hintertür ihr Haus betrat. Er versuchte, leise zu sein, aber das gelang ihm nie, zu viel Masse für die Zehenspitzen, außerdem schnaufte er beim Gehen. Das war so eine Angewohnheit von ihm. Sie setzte sich auf, zog das Unterhemd mit den braunroten Flecken aus, ersetzte es durch ein weißes Leibchen und ein rotes Höschen mit Fransen (der Boxer nannte es ihren Stripperschlüppi), zog die Strümpfe hoch über die Oberschenkel, band sich eine rote Schleife ins Haar und schlich in die Vorratskammer. Dumpfe Schläge waren von da zu hören. Boxerchen verdrosch den Sandsack. Er machte das oft, er sagte, das helfe ihm dabei, sein Leben zu verarbeiten, den Zorn loszuwerden. Mimi fand, dass das ganz wundervoll klang und immer, wenn er das sagte, und das tat er oft, sah sie die Worte wie Honig aus seinem Mund heraustropfen, klebrig, süß und golden, und doch so sinnlos. Warum einen Sandsack verprügeln, wenn es doch so viele dumme Matrosen im Hafen gab, die nur darauf warteten, sich mit jemandem anzulegen und die so betrunken waren, dass sie nicht einmal den Hauch einer Chance hatten? Ihr hätte das viel Vergnügen bereitet, so ein abgekatertes Spielchen. Nur war die Madame für wüste Fights leider nicht gemacht, sie fiel ja immer so schnell um.

„Hallo Boxer“, sagte sie, als sie die Tür zur Vorratskammer öffnete. Sie setzte sich zwischen Bohnen in grauen Dosen und Wein in grünen Flaschen auf den Kartoffelsack in der Ecke, zog die Beine an, bis ihr Kinn die Knie berührte und betrachtete den kämpfenden Koloss.

„Hallo Mimi“, sagte der Boxer und machte weiter, ohne sie anzusehen. Seine Schläge waren hart, der Sandsack ächzte unter den Treffern. Es roch nach Schweiß, nach Sparring in der Bumsbude („Es heißt Gym, Mimi, nicht Bumsbude!“ erklärte der Boxer ihr wieder und wieder, aber weil Mimi neumodischen Kram nicht mochte, blieb sie bei Bumsbude), nach Wut und Angst. Wut und Angst rochen immer, immer nach Zwiebeln und Bier, Mimis Nase täuschte sie nie.

Der Boxer war nicht wiederzuerkennen. Wie im Rausch schlug er zu, stöhnte, keuchte. Mimi wusste, dass er an die Episode mit dem „Schönen Tünn“ dachte. Der war der erste und bislang einzige gewesen, den der Boxer außerhalb des Rings getötet hatte. Zweimal war ihm das während seiner Kämpfe passiert, aber damals hatten sie sich noch nicht gekannt. Als der Boxer aber den schönen Tünn ermordet hatte, da hatte sie zugesehen.

Er hatte ihren Freund provoziert, böse und gemein war er geworden. Der schöne Tünn, der gar nicht schön war, hatte den Boxer einen Verlierer genannt, ihn einen Feigling geschimpft, der sich vor allerwelts Augen zum Affen machte mit seinen Mädchenfäusten. „Dem Mädchen, das solche Fäuste hat, möchte ich aber nicht begegnen!“, hatte Mimi noch gedacht. Dann hatte der Fremde aus der Oberstadt einen Schritt nach vorn gewagt, sich vor dem Boxer, der mit Mimi an der Theke des Wirtshauses saß, aufgebaut und ihn angesehen. Nein, nicht angesehen. Fixiert hatte er ihn, mit Blicken, die vom Übermut und Schnaps funkelten. Und dann… dann hatte er ihn angespuckt, einen dicken Klumpen Rotze direkt in das Gesicht des Boxers gespien. In diesem Moment wusste Mimi, dass diese Nacht nicht gut enden würde.


Der schöne Tünn, der, wie Mimi immer sagte, nicht sonderlich schön, sondern ganz im Gegenteil absonderlich hässlich war, war ein rechter Klotz, grob und brutal, und er benahm sich an diesem Abend eben so, wie er es gewohnt war, sich zu benehmen: Er fasste den Mädchen unter den Rock und verteilte lachend Backpfeifen an die jüngsten, ängstlich dreinblickenden Matrosen sowie an die ältesten Kapitäne, Männer, die sämtliche Ozeane überquert und das Kap der guten Hoffnung mehr als einmal umrundet hatte, Männer, denen die Zornesröte ob ihrer öffentlichen Demütigung in die wettergegerbten Gesichter gestiegen war und die sich gewehrt hätten, wenn sie dazu nur imstande gewesen wären. Doch ihre Muskeln waren schon seit langem schwach und leer. 

Der Boxerpoet schämte sich für den schönen Tünn, er schämte sich für die Würdelosigkeit und die stumpfe Dreistigkeit, mit der er widerfuhr, und das sagte er ihm genauso ins Gesicht: „Tünn, du magst vielleicht in deiner Oberstadt ein großer Lude mit einem Stall voller Pferdchen, einer Villa und protzigen Autos sein, doch hier, im Hafen, bist du nur ein räudiger Hund, den sie alle getrost Mensch nennen. Oder war es doch eher ein Mensch, den sie hinter vorgehaltener Hand Hund nennen?“ Tünn hatte ihn daraufhin beleidigt und ihm zuguterletzt ins Gesicht gespuckt, doch der Boxerpoet hatte für ihn nur ein bitteres Lächeln übrig. Noch war die Zeit nicht gekommen. Noch nicht.

Als der schöne Tünn keuchend an der Wand hinter Mimis Spelunke lehnte, vor sich eine junge Dirne, die gerade im Begriff war, sein Gemächt in ihre warme Mundhöhle aufzusaugen, war der rechte Zeitpunkt gekommen. Der Boxerpoet war kein schneller Junge, doch er hatte Reflexe, und in den richtigen Momenten war er imstande, sein Gewissen auszuschalten. Demnach war er aus der Dunkelheit aufgetaucht wie ein Geist, und nur eine entschlossene Bewegung später hatte er Tünns Hals mit dem Dosenöffner (aus Mimis Küche) in seiner Hand gebrochen. Die junge Dirne hatte sich indes so sehr erschrocken, dass sie, anstatt laut zu schreien, einfach zubiss, was nicht weiter schlimm gewesen wäre, jedoch eingedenk der Tatsache, dass sich Tünns mehr oder weniger hartes Glied noch immer zwischen ihren Lippen und somit in ihrem Mund befand, bedeutete, dass sie Tünns mehr oder weniger hartes Glied abbiss, und das mehr oder weniger harte Glied nun in hohem Bogen durch die Luft flog und auf dem regennassen Asphalt liegen blieb, allerdings nur für einen kurzen Moment, denn dann holten es die fetten Kater, die stets unter dem Balkon hinter Mimis Spelunke marodierten.

Bald geht es weiter, das ist ein Versprechen! Mehr vom Boxerpoeten gibt's hier: http://stiffchainey.blogspot.com/

Mittwoch, 8. Juni 2011

die geschichte vom letzten leberhaken, und wie es dazu kam.

„Du brauchst deine Medizin!“, rief Mimi aufgeregt und wedelte mit dem Silberlöffel durch die Luft. „Du musst stärker werden, so kannst du nicht kämpfen!“

„Aber ich will nicht!“

„Ich hasse Widerworte! Halt still und schluck!“

Dass der Boxer sich aber jedes Mal aufs Neue so wehren musste, wenn sie ihm etwas Gutes tun wollte! Er war recht kräftig und es war gar nicht so leicht, ihn auf dem Stuhl festzuhalten. In der letzten Zeit hatte die Hafenmadame ihn oft festbinden müssen. Das ging aber erst, wenn sie ihm die Rumflasche über den Schädel gezogen hatte und er bewusstlos zu Boden gesackt war.

Zur Sicherheit hockte sich Mimi auf ihn, die bestrumpften Füße in seine Oberschenkel gekrallt.

„Mmmpf!“ Die Augen weit aufgerissen, starrte der Boxer sie an. Gut, dass er sich nicht bewegen konnte, der hätte ihr glatt die Fresse poliert. Mimi flößte ihm die stinkende Flüssigkeit ein und machte dabei ein besorgtes Gesicht. Mit der linken Hand hielt sie sein Kinn fest. Ach, sie sah ihn so gern an.

„Weißt du, Boxer, das tut mir mehr weh als dir.“ Sanft strich sie über seine Stirn. „Ist doch nur Lebertran.“

„Du lügst!“

„Jetzt schluck.“ Er schluckte, schüttelte sich, fletschte die Zähne und schrie „Arrrrr!!!“

„Na gut. Verfeinert mit etwas Katzenpisse und püriertem Pansen. Ist ein chinesisches Rezept!“ Die Madame lachte und wäre dabei fast vom Boxer geplumpst.

„Wie ich dich hasse, Mimi“, ächzte der große Mann. „Ich brauche Liebe, keine Katzenpisse!“

„Liebe, Liebe, Liebe ist sowieso überbewertet, erst recht vor dem Kampf!“ Mimi bleckte ihre perlweißen Zähne und hob drohend ihren Zeigefinger. „Erst recht vor diesem Kampf!“ Dann band sie ihn los, immer auf der Hut vor einem Schlag, aber der Boxer blieb ruhig.

„Jaja, recht hast du ja!“, antwortete er resigniert und griff nach seinen Bandagen.

Der Boxer hatte lange nicht mehr gekämpft. Sein letzter Kampf, den er jämmerlich verloren hatte (ein Leberhaken in der sechsten Runde schickte ihn in den Staub des Ringbodens, er stand danach nicht mehr auf) lag lange, sehr lange zurück, so lange, dass er sich fast nicht mehr daran erinnern konnte. Eigentlich hatte er nach diesem Kampf seine Handschuhe an den Nagel gehängt, endgültig an den Nagel gehängt. Er hatte sich geschworen, nie mehr in den Ring zu steigen, und dies war alleine der Tatsache geschuldet, dass er keinen weiteren Kampf in sich fühlte, sein Herz erlaubte es ihm nicht. Keine weiteren zwölf Runden mehr. Nicht einmal mehr eine einzige. Der Boxer war zwar ein aufrecht gehender, dennoch aber kein Mensch, der sich jemals von falschem Stolz hatte leiten lassen. Doch als die verweinte Mimi vor seiner Türschwelle gestanden und ihm ihr Leid geklagt hatte, konnte er nicht anders. Jetzt musste er kämpfen, und diese Entscheidung fiel ihm leicht, denn er tat es ja nicht für sich, nicht wegen seines Egos, das ohnehin schon recht ramponiert war (er hatte in der letzten Zeit ziemlich viel gesoffen und war aufgrund dessen ziemlich aufgedunsen und außer Form). Der Boxer war nämlich zuallererst ein edler Mensch, ein Mann mit Prinzipien, nicht so wie die anderen Jungs, die partout nicht zu Männern werden wollten. Er war, obschon er auch eine poetische Ader besaß und mit seinen gedrechselten Versen imstande gewesen war, einige der schönsten Frauen zu beeindrucken, im Grunde doch nicht mehr als ein Preisboxer, ein Mann also, der anderen Männern für ein wenig Geld die Knochen bricht, oder, für noch weniger Geld, sich seine eigenen brechen lässt.

Er wusste, wie das Spiel läuft, und als Mimi ihm, während Krokodilstränen über ihre besommersprosste Wange liefen, berichtete, wie Rico Gnadenthür (in der gesamten Gegend und darüber hinaus bestens bekannt als Rico, die Schmalzlocke) die Tür ihres kleinen Hauses eingetreten und ihr kaltschnäuzig mitgeteilt hatte, dass sie entweder bis zum Wochenende die Stadt verlassen oder ihm aber ein entsprechendes Entgelt, das ihr ein dauerhaftes Bleiberecht sichere, zahlen solle, wusste er, was zu tun war.

Es war nebelig und nieselte leicht, als der Boxer das Gym in den Docks aufsuchte, um mit seinem ehemaligen Trainer zu sprechen, dem legendären Pausbackenjohnny. Pausbackenjohnny hatte in seinem Gym einige echte Champs trainiert und nie sonderlich große Stücke auf den Boxer gehalten, da dieser sich seinem unsteten Lebenswandel nie ganz entziehen konnte (und außerdem hatte seine Rechte nie genügend Wucht besessen), doch er mochte ihn als Menschen, und deswegen hatte er ihm all diese Kämpfe auf Kleinringveranstaltungen organisiert, brutale Gemetzel ohne technische Finessen, nur die Sonny Listons der Vororte, die aufeinander einprügelten für wenig Ruhm und noch weniger Moneten. Und obwohl der Boxer nie über eine sonderlich gute Technik verfügte, besaß er doch ein großes Herz, und das mochten die Leute, sie liebten es regelrecht, wenn er nahezu ohne Deckung aus seiner Ringecke stürmte und die Gegner unter einem Schlaghagel begrub.

Pausbackenjohnny trainierte gerade mit einem jungen, vielversprechenden Bantamgewicht an der Boxbirne, als er den Boxer erblickte. Niemand nannte ihn hier „den Boxer“, was selbstverständlich war, denn hier, in Pausbackenjohnnys Gym, waren sie ja alle Boxer. Hier nannten sie ihn „den Dichter“, auch, weil er hier weniger wegen seiner Boxkünste als viel eher wegen der martialisch klingenden Verse, die er den Kämpfern vor ihren großen Fights auf die Mäntel zu schreiben pflegte, berühmt war. Pausbackenjohnny sah nicht einmal auf, er wusste, warum der Dichter gekommen war. Es ging, wie meistens, wie immer, entweder um Geld oder um Liebe, manchmal um beides.
In ruhigem Tonfall erläuterte der Dichter, nur unterbrochen von den krachenden Jabs, mit denen das vielversprechende Bantamgewicht die Boxbirne bearbeitete, Pausbackenjohnny seine, beziehungsweise Mimis Lage. 

„Sie braucht“ – krachender Jab- „unbedingt das Geld“ -krachender Jab- „sonst macht Rico, die Schmalzlocke ihr den...“ -krachender Jab- „...Garaus, garantiert!“ Pausbackenjohnny nickte, ohne aufzusehen. 

“Freitag Abend“, antwortete er, gefolgt von einem krachenden Jab, „kämpft Pitter's Nas, vielleicht bekomme ich dich auf die Undercard!“ Der Dichter hatte genickt, sich umgedreht und das Gym verlassen.


Mimi lag auf ihrem Bett, quer, so dass ihre Beine und die Füße an der Seite herunterhingen. Sie trug ein Unterhemd, das sie dem Boxer mal von der Wäscheleine geklaut hatte. Das Hemd war voller Flecken, rotbraun, wie Blut oder Rost. Oder wie Gulaschsuppe. Wahrscheinlich aber war es Blut. Der Boxer war ein harter Kerl. Er lachte selten, vielleicht lag das daran, dass er drei Menschenleben auf dem Gewissen hatte und ihn die Erinnerungen daran quälten. Vielleicht hatte er auch einfach nur keinen Humor.

Die Madame mochte ihn. Er war ihr Freund und Verbündeter im Hafen und noch nie hatte er ihr wehgetan, egal, wie sehr sie ihn quälte. Was sie beizeiten so gern tat, weil sie diesen Ausdruck in seinem Gesicht liebte, wenn sich seine Augenbrauen vor Schmerz zusammenzogen, seine Lider flackerten und die Mundwinkel zuckten. Als er noch kämpfte, hatte sie manchmal seine Wunden gesäubert und verbunden und es dabei nie versäumt, mindestens einmal den Daumen in das Blutige, Pulsierende zu drücken. „Oh nein, es tut mir so leid, das wollte ich nicht, verzeih!“, hatte sie jedes  Mal gesagt, ganz zerknirscht, und sich heimlich über die Lippen geleckt.

Natürlich wusste der Boxer, dass Mimi eine Lügnerin war. Dass sie ihm die Unterhemden von der Wäscheleine klaute und es liebte, ihre Lederhandschuhfinger in Wunden zu drücken. Aber er hatte sich an die verrückte Madame gewöhnt. Ihre Kapriolen amüsierten ihn und einmal, als ihm das Herz wegen dieser Bardame mit den purpurnen Wangen zu bersten drohte, hatte sie Kuchen für ihn gebacken und ihm Schlaflieder gesungen, damit er Ruhe fand. Als er schlief, war Mimi das kleine schwarze Buch aufgefallen, das aus seiner Hosentasche lugte.

Sie hatte seine Geschichten verschlungen, jeden Buchstaben und jeden holprigen Vers. Nie hätte sie gedacht, dass jemand mit einer solchen Mördervisage so etwas Schönes schreiben  könnte.

Und nun würde der Boxer, der eigentlich ein Dichter war, für sie kämpfen.

Ihn anzulügen fühlte sich gar nicht gut an.


Fortsetzung folgt. Bald, bald.

Die Geschichten von Mimis Boxerfreund gibt es hier: http://stiffchainey.blogspot.com/
Er nennt sich Stiff Chainey, und ihr werdet ihn und die verstörende Welt in seinem Kopf lieben, da bin ich mir sicher. Wenn nicht, gibt's einen Leberhaken oder Lebertran mit Katzenpisse. Auf jeden Fall aber was mit Leber!

ich.

Mein Bild
Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.