ihr.

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Samstag, 25. Dezember 2010

splatter.

Ein Rückblick in die alte, echte Welt. Realität oder Albtraum? Das tut nichts zur Sache. 

Mimi wurde wach von dem Schmerz in ihrem Kopf. „Au“, stöhnte sie und griff sich an die Stirn.
"Nass. Alles nass, warum ist alles nass?"
Da hörte sie ihn im Dunkeln atmen.
"Er wühlt in meinem Kopf herum, er muss ihn eingeschlagen haben, gespalten vielleicht", dachte sie.

„Was machst du da?“ fragte Mimi mit schriller Stimme. Er hielt inne.

Im Spiegel gegenüber konnte sie alles sehen. Sie atmete ein, aus, ein, so tief sie konnte. Das half beim Nachdenken und hielt die Panik fern.
"Er hat meinen Schädel aufgesägt, er muss es getan haben, als ich schlief."

Kluge Mimi. Die Schädeldecke hatte er auf den Nachttisch gelegt, die Säge lag daneben und bekleckerte den hübschen, blütenweißen Estrichboden mit roten Tropfen. Ihr Gehirn musste intakt sein, wie hätte sie sonst denken oder sprechen können?

Sein Spiegelbild sah traurig aus. Er saß da, über Mimi gebeugt, die Hände in ihrem Kopf.
Sie schrie, „Was tust du???“, wieder und wieder. Da fiel ihr auf, dass sie sich nicht bewegen konnte. Ein Schock, ja, es musste ein Schock sein, der Schmerz musste ihre Glieder gelähmt haben.
"Ich kann mich nicht bewegen!" Mimi heulte und schrie, so laut sie konnte, bis ihr die Spucke aus dem Mundwinkel tropfte, bis die Kräfte sie verließen. Er sah sie an, mit stumpfen, blinden Augen. Als Mimis Kopf kraftlos zurück ins Kissen sank, seufzte er. Dann machte er weiter.
Im Spiegel sah sie seine Hände, die in ihrem Schädel herumwühlten. Er griff hinein, holte etwas heraus und schmiss es in den Mülleimer, den er neben das Bett gestellt hatte. Christbaumkugeln. Mimi kniff die kurzsichtigen Augen zusammen, um genauer sehen zu können. Christbaumkugeln. Rot-gläsern und glänzend. In den Kugeln erkannte sie Bilder. Undeutlich, aber es fühlte sich gut an, sie zu betrachten, und sie merkte, wie sie lächelte, obwohl der Mann über ihr ihren Kopf zermatschte.

In den Kugeln erkannte sie das, was hätte sein können, sah sich und ihn, wie sie Liebe machten. Sie fickten nicht, er liebte sie, sie ihn zurück. Sie sah 27 Kinder, die seine Lippen hatten und seine Wimpern, hörte sie über Dinge reden, die sie bewegten, fühlte seinen Kopf in ihrem Schoß, wusste, dass er immer da sein würde, auch wenn sie wieder einmal stritten und sie, Mimi, heulend auf dem Küchenboden kauerte, während er schreiend davon lief. Sie liebten sich ja.

Da erst wurde Mimi bewusst, was er tat. Dieser Idiot. Er nahm ihre Träume von der Zukunft, diese zerbrechlichen, gläsernen Klumpen, stahl sie aus ihrem Kopf und warf sie fort. Ihr Herz raste vor Wut und Entrüstung. In einer Ecke des Zimmers hörte sie es rascheln. Das war die Trauer, die sich kopfschüttelnd zur Tür hinaus schlich. Mit der Trauer verschwand auch die Starre.

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ fauchte sie ihn an. Er sagte nichts, glotzte nur dumpf. Dann beugte er sich wieder über sie, um das schreckliche Werk zu vollenden. In diesem Moment rotzte Mimi ihm all ihre Verachtung ins Gesicht, bitterböse, ätzende, gelbgrüne Verachtung. Es zischte und brodelte, und sie hörte ihn schreien, sah ihn hüpfen und mit den Armen wedeln. Aber es half nichts. Das Gift zerfraß sein wunderschönes Gesicht. Eine Schande.

„Das hast du davon, Blödmann!“ schimpfe Mimi, erhob sich, als wäre nie etwas gewesen, nahm aus dem Schrank ihren Altherrenhut heraus und bedeckte damit das Ding, das mal ihr Kopf gewesen war. Dem Ding, das mal ihre Liebe gewesen war, stopfte sie eine der Christbaumkugeln ins Maul, tätschelte die löchrigen Wangen und sagte: „Wenigstens sind wir jetzt quitt.“


1 Kommentar:

  1. Liebe. Was ist Liebe?
    Was sind die Gefühle, die man hegte? Bevor der Alltag alles verschlingt? Lieben. Eine endliche Ewigkeit.
    Wie viel Lieben hat man?
    Müssen sie einem dem Kopf aufsägen? Oder das Herz vertocknen? Auf jede Wunde gibt es ein Pflaster. Wie es zusammenwächst, das weiß man leider immer erst hinterher.
    Liebe.
    Und doch nicht mehr als ein Chemieküche, die giftgrün oder rosarot aufbrodeln kann.
    Ich tue so als würde ich ob der Banalität gähnen. Und heimlich freue ich mich, dass es die LIebe gibt. Trotzallem.

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Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.