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Dienstag, 10. Mai 2011

das unwetter und die andere, die eine.

"Hier sieht’s aus wie bei Hempels unterm Sofa“, dachte Mimi, schob die Oberlippe in Richtung Nase und sah sich um. Auf dem Boden ein Berg aus alter Wäsche, neuen Kleidern, Staubflocken und Kekskrümeln. Oben drauf lag Herr Katzenmann, die Schnauze schmierkäseverschmiert, und schnarchte. „Ich sollte aufräumen", stellte Mimi fest. Doch sie konnte nicht. Die Trägheit hatte den Kopf in ihren Schoß gelegt und sah sie an.
„Ist es nicht schön so?“ fragt sie die Madame. 
„Nein“, dachte die und ballte ihre Hände zu Fäusten. „Verpiss dich endlich“, schimpfte sie in Gedanken, und am liebsten hätte sie dem ungebetenen Gast in die hässliche Visage gespuckt.

„Ja. Ist gemütlich“, sagte Mimi stattdessen. Und während sie über die pockennarbige Stirn der Trägheit fuhr, schloss sie die Augen und dachte an sie, die Freundin, die eine. An das Chaos, das die wieder mal in ihr hinterlassen hatte. 

Mimi hörte sich selbst zetern und heulen und Sachen sagen, die sie sonst nie sagte. Dass sie die Freundin vermisste. Dass sie ihre Zeit wollte, viel mehr als diese ihr geben konnte, dass sie, die Freundin, sich gefälligst für sie, Mimi, interessieren sollte! Sie wünschte sich, dass die andere ihr durchs Haar strich, wenn Mimi sich die Nase blutig geschlagen hatte, weil sie mal wieder gegen eine Wand gelaufen war. „Vielleicht will ich, dass du mich vor der Wand warnst und sie einreißt für mich. Oder wenigstens mir zu Ehren ein Graffiti mit meinem Namen darauf malst“, schrie die Madame in Gedanken.

Sie wollte so viel und sie wurde nicht müde, es in die hinreißenden Ohren der anderen, der einen, zu brüllen. Aber die hörte sie nicht. Sie sah die Madame an und lächelte, weil sie wusste, dass die ihr verfallen war. Dann brachte sie sie zum Lachen und Mimi hasste sie dafür. Weil die Freundin sie wieder rumgekriegt hatte, ohne sich dem Gewitter zu stellen, das in Mimi tobte und das sie immer wieder zu Fall brachte. 

„Und anstatt mich zu retten, mir Asyl zu bieten oder gemeinsam mit mir gegen Wind und Wetter zu kämpfen, stehst du weit weg, wartest, dort, wo Blitz und Donner dich nicht erreichen können, und winkst mir blöde aus der Ferne z-z-zu. Hick.“ Mimis Gedanken hatten vor Aufregung Schluckauf bekommen. „Aber ich bin die, die da im Dreck liegt, die mit den aufgeschrammten Knien und den zerkratzten Ellbogen! Ich bin die, die sich an einen Baum klammert, um nicht vom Sturm in Nachbars Garten gepustet zu werden! Und du… du bist die, die mir auch diesmal nicht helfen wird, das Chaos und den Müll aufzuräumen, den das Unwetter zurückgelassen hat.“

Nachher, wenn alles wieder hübsch und adrett aussah, würde die Freundin kommen und sie besuchen. Sie würden eine Tasse Tee trinken und die andere, die eine, würde die Madame mit ihren Augen, die schwärzer waren als eine Nacht im Kohlestollen, ansehen und fragen, wie es ihr ginge. Und Mimi würde sich wünschen, die andere würdet dort im Matsch liegen und vergeblich auf Hilfe warten.

„Ich muss aufräumen.“ Mimis Stimme klang entschlossen. Und obwohl die Trägheit herzzerreißend quengelte und protestierte und Krokodilstränen aus ihren müden Augen tropften, zog Mimi sie an den Ohren hinter sich her, öffnete die Tür und schubste sie die Treppe runter.

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Madame Mimi vom Hafen und ihre in Rum getränkten Lügengeschichten.